Schnell noch an der Fußgängerampel bei „Rot“ die Straße überqueren oder mal eben kurz das Auto im absoluten Halteverbot abstellen sind typische Ordnungswidrigkeiten, die von den Verwaltungen verfolgt werden – gehört doch das Ordnungswidrigkeitenrecht rechtssystematisch zum Verwaltungsrecht. Zwar bringt der Bürger Ordnungswidrigkeiten in erster Linie mit Verstößen im Straßenverkehr in Zusammenhang. Aber die Liste der lediglich mit einem Bußgeld und nicht mit dem Mittel der Strafe zu ahndenden leichten Rechtsverstöße ist weitaus umfangreicher: von A wie Abfall bis Z wie Zeltverordnung reichen die Fälle, in denen geringfügige Verletzungen der Rechtsregeln zu Geldbußen führen können.
In der baden-württembergischen Gemeinde Karlsbad summiert sich die Zahl der zu bearbeitenden Ordnungswidrigkeiten pro Monat auf mittlerweile rund 250 – in manchen Zeiten durchaus auch mit deutlichem Ausschlag nach oben. Für die softwaregestützte Bearbeitung der Fälle setzt die knapp 16.000 Einwohner zählende Gemeinde auf das Standardprodukt OWI21, das im Februar 2014 per Schnittstelle an das doppische Finanzwesen Infoma newsystem angebunden wurde.
Bereits seit 2010 ist die im geografischen Dreieck der Städte Karlsruhe, Pforzheim und Rastatt gelegene Flächengemeinde Anwender des Axians Infoma-Verfahrens, nutzt neben integrierter Finanzbuchhaltung, Steuern und Abgaben, Vollstreckung, Anlagenbuchhaltung und Darlehensverwaltung auch den Baustein Kommunale Betriebe. Bei der Schnittstellenanbindung wurde zunächst die „alte“ OWI-Schnittstelle beauftragt, die jedoch nicht den Anforderungen vor Ort entsprach. Daraufhin stellten die Karlsbader 2013 einen detaillierten Anforderungskatalog für das Axians Infoma-Team zusammen, darunter
„Über allem stand für uns aber, das Verfahren täglich praktisch und effektiv abwickeln zu können“, erinnert sich Miriam Kornmüller, stellvertretende Rechnungsamtsleiterin in Karlsbad, an die seinerzeitigen Vorgaben. Denn gerade im Rahmen der Verwarnung von geringfügigen Ordnungswidrigkeiten, bei der das Verwarngeld zur Vermeidung eines Bußgeldes durch den Bürger binnen einer Woche bezahlt werden soll, ist eine zeitnahe Verarbeitung der täglichen Zahlungseingänge unabdingbar. Bezahlte Verwarngelder dürfen gemäß § 56 IV OWiG dann keinen Bußgeldbescheid mehr nach sich ziehen.
Die integrierte Verarbeitung einer OWI-Forderung gestaltet sich demnach wie folgt: Zunächst wird die Ordnungswidrigkeit im OWI21-Verfahren erfasst. Je nach Art und Schwere der Ordnungswidrigkeit entstehen hier unterschiedliche Forderungen. So ergeht beispielswiese für eine geringfügige Ordnungswidrigkeit im Bereich des ruhenden Verkehrs regelmäßig zunächst ein Verwarngeld in Höhe von 5 EUR. Diese offene Forderung wird mit dem nächsten Export-Lauf von OWI21 an Infoma newsystem übermittelt und hier verbucht. Bezahlt der Bürger das Verwarngeld binnen einer Woche, wird die Zahlung dem OWI-Fall zugeordnet und an OWI21 ein Zahlungseingang auf dem konkreten Fall gemeldet. Sollte der Bürger das Verwarngeld jedoch nicht fristgerecht begleichen, ergeht im OWI21 ein entsprechender Bußgeldbescheid.
Dies führt im nächsten Schritt dazu, dass automatisiert zunächst das ursprüngliche Verwarngeld gutgeschrieben und das neue Bußgeld nebst Nebenforderungen auf dem Aktenzeichen eingebucht wird. Im Rahmen einer Aufrechnung werden nun die Belege (ursprüngliche Rechnung des Verwarngeldes und dessen Gutschrift) automatisiert miteinander verrechnet. Damit liegen die korrekten offenen Forderungen aus Ordnungswidrigkeiten im Finanzverfahren vor. Zahlt der Bürger nun sein Bußgeld, lassen sich die Zahlungen entweder manuell oder über den Bankbelegimport (beispielsweise mittels MT940) unter Angabe des OWI21-Aktenzeichens automatisiert den offenen Forderungen zuordnen. Die so ausgeglichenen Zahlungseingänge werden sodann automatisiert an OWI21 übertragen – der Fall ist abgeschlossen.
Auf Wunsch der Gemeinde setzte Axians Infoma darüber hinaus weitere spezielle Anpassungen bedarfsgerecht um. So verfügt Karlsbad nun über eine umfangreiche Protokollierung der importierten beziehungsweise exportierten Daten ebenso wie über eine Plausibilitätsprüfung, um die Zahlungen mit OWI-Aktenzeichen korrekt zu erkennen.
Zwar steht im Moment noch eine Bereinigung im Aufrechnungslauf auf der To-do-Liste von Axians Infoma dennoch sieht Miriam Kornmüller in der Schnittstellenanbindung im Vergleich zur manuellen Verarbeitung bereits eine deutliche Verbesserung in den Abläufen: „Meldung und Transfer an OWI21 erfolgen ohne Komplikationen und Abweichungen – die Fehleranfälligkeit ist deutlich gesunken.“ Für das Kassenpersonal stellt das Verfahren eine Zeitersparnis dar.
Und auch für die Zukunft werden gemeinsam Optimierungsmaßnahmen geprüft, wie beispielsweise das Automatisieren mehrerer Schritte, um die Praktikabilität weiter zu erhöhen.
Rund 250 Ordnungswidrigkeiten mit zeitweise deutlichem Ausschlag nach oben bearbeitet die Gemeinde Karlsbad monatlich.
Produkt Variable Buchungsschnittstelle
Bundesland Baden-Württemberg
Einwohnerzahl
15.810
Umstieg auf doppisches Finanzwesen am 1.1.2010 inklusive Finanzbuchhaltung, Steuern und Abgaben, Vollstreckung, Anlagenbuchhaltung, Darlehensverwaltung. Zudem sind das Modul Kommunale Betriebe sowie seit Februar 2014 die Schnittstellenanbindung an OWI21 im Einsatz.