Als die bayerische Stadt Erlangen zu Beginn des Jahres 2013 mit der Einführung einer vierten Dimension startete, hatte das keineswegs einen physikalisch-mathematischen oder gar spirituellen Hintergrund, sondern einen ganz praktischen: Man wollte die Kosten von Projekten und Maßnahmen besser kontrollieren und steuern können. Denn die bisherigen Auswertungsmöglichkeiten auf die Dimensionen Sachkonto, Kostenstelle und Kostenträger genügten den Ämtern nicht mehr; eine „vierte Auswertungsdimension“ sollte die Zahlen aus dem doppischen Finanzwesen ordnen, sprich: Maßnahmen direkt mit Gewerken und Objekten verknüpfen und aufschlüsseln.
Und auch die fehlende zeitliche Flexibilität zur Steuerung respektive Gegensteuerung der Projekte und Maßnahmen hatte den Verantwortlichen Kopfzerbrechen bereitet. „Zwischen der Auftragsvergabe und der ersten Abschlags- bzw. Schlussrechnung eines Lieferanten vergehen u.U. etliche Wochen, in denen keine Information über eine bereits erfolgte Bindung von Haushaltsmitteln aus dem System zu ziehen ist“, erläutert Michael Kamenaric, Stadtkämmerei. „Dies führt gerade im vierten Quartal eines Jahres dazu, dass eigentlich keine fundierte Entscheidung darüber getroffen werden kann, ob noch freie Mittel im Haushalt des laufenden Jahres zu Verfügung stehen, um am Jahresende möglicherweise doch noch den einen oderen anderen Auftrag vergeben oder eben auch nicht vergeben zu können.“
Da Erlangen bereits seit 2009 Anwender der Finanzsoftware Infoma newsystem ist, baute die 107.000-Einwohner-Stadt auf die Nutzung von Synergieeffekten. Nach einer Testphase im Rahmen eines Projekts fiel daher die Entscheidung für den Einsatz des integrierten Infoma newsystem-Bausteins Liegenschafts- und Gebäudemanagement mit den Modulen Basis und Maßnahmenmanagement. Seither sind die Verantwortlichen im „Hightech-Zentrum Nordbayerns“ immer auf dem aktuellen Stand: Die Zahlen aus der Finanzbuchhaltung (Budgetposten der Haushaltsplanung und Ist-Zahlen) werden jederzeit mit den Zahlen des Maßnahmenmoduls synchronisiert; auf Basis der Fibu-Budgets können im Maßnahmenmodul Maßnahmenbudgets gebildet werden.
Eingesetzt sind die Module in zwei überaus unterschiedlichen Bereichen. Während sich das Tiefbauamt schon früh mit dem Wunsch nach einer detaillierteren Abbildung seiner Kostenstruktur und damit verbundener besseren Maßnahmen-/Projektsteuerung den Platz als eines von zwei Pilotämtern gesichert hatte, stand bei der Entscheidung für den zweiten Anwender zunächst nur eine Idee im Raum. „Die Überlegung war, ob die Maßnahmenverwaltung nicht auch als Projektkostenkontrolle im nichttechnischen Bereich einer Stadtverwaltung einsetzbar wäre“, erinnert sich Michael Kamenaric.
So gab es mit Kulturprojektbüro und Theater zum Beispiel Dienststellen aus dem Kulturbereich, die nach einer weiteren Auswertungsdimension suchten. Für die Stadtkämmerei stand allerdings außer Frage, den Kostenstellen- und -trägerplan unnötig durch Vergabe weiterer, von den Dienststellen geforderter Dimensionswerte für jedes einzelne Theaterstück oder jede einzelne Kulturgroßveranstaltung aufzublähen – macht Erlangen doch mit einem vielfältigen, bunten und internationalen Kulturleben von sich reden. Veranstaltungen wie der Internationale Comic-Salon, das Internationale Figurentheater- Festival oder das Poetenfest haben eine deutschland- und teilweise europaweite Anziehungskraft. Deren arbeitsintensive Organisation und Abwicklung ist Sache des Kulturprojektbüros in der Stadtverwaltung.
Michael Kamenaric: „Letztendlich haben wir uns zur Erprobung der Maßnahmenverwaltung für das Kulturprojektbüro entschieden, weil diese Dienststelle größtes Interesse am Projekt zeigte und nach unserer Einschätzung zum Zeitpunkt der Auswahl auch fachlich dafür am besten aufgestellt war.“
Nachdem die auf Basis eines gemeinsam mit der Stadtkämmerei, den beiden Pilotämtern und dem Axians Infoma-Team erarbeiteten Konzepts, viermonatige Testphase zur Zufriedenheit verlaufen war, stand dem Produktivstart am 1.1.2013 nichts mehr im Wege. Als Vorgabe galt dabei, die Maßnahmenverwaltung zunächst ausschließlich im nichtinvestiven Bereich zu nutzen. D.h. für die Maßnahmenbudgetierung und die tatsächliche Postenverbuchung werden erst einmal nur die jeweiligen Sachkonten mit Zugehörigkeit zum jeweiligen Sachmittelbudget der Pilotämter berücksichtigt. Investive Budgets wie auch grundsätzlich die Verbuchung von investiven Vorgängen bleiben 2013 noch außen vor. Angestrebt ist aber, das Maßnahmencontrolling im Folgejahr auch auf das investive Budget der beiden Fachämter auszuweiten.
Bevor die Pilotämter in den Echtbetrieb gehen konnten, war aber noch die Stadtkämmerei gefordert. „Wir haben das doppische Finanzwesen 2009 ohne aktivierte Mittelprüfung gestartet“, erklärt Michael Kamenaric. „Für die Einführung der Maßnahmenverwaltung war es somit zwingend erforderlich, die Mittelprüfung zu aktivieren.“ Dafür wurden zunächst nur zu prüfende Sachmittelbudgets der Fachämter eingerichtet. Um keine Probleme für die Verbuchung von Posten der Vorjahre 2009 bis 2012 aufkommen zu lassen, schalteten die Verantwortlichen die Mittelprüfung zudem auch nur in der „sanften“ Variante frei und richteten Dummy-Sachmittelbudgets mit einer Laufzeit von 2009 bis 2012 ein. Damit wird verhindert, dass die Mittelprüfung des Finanzwesens Buchungen für diesen Zeitraum abweist.
Erst im Produktivbetrieb aufgekommen, befasst sich Axians Infoma derzeit noch mit dem Thema, die externe Postenerfassung durch zentrale interne Dienstleister, beispielsweise andere Ämter der Stadt, beziehungsweise aus Fremdverfahren zu optimieren. Aus Sicht von Michael Kamenaric gehört diese Anforderung zu den Erfahrungswerten in einer Pilotanwendung, die „Axians Infoma bei der Weiterentwicklung des Produkts zusätzlich unterstützen“.
Mit Einführung der Maßnahmenverwaltung haben sich in der Ablauforganisation der beiden Pilotämter größere Veränderungen ergeben. Beispielsweise geben die technischen Mitarbeiter des Tiefbauamts die Aufträge nun direkt in Infoma newsystem ein und erhalten aus dem System heraus den Auftragsschein. Das erfordert anders als bisher, im Vorfeld noch wesentlich genauer zu ermitteln, mit welchem Betrag man ein bevorstehendes Auftragsvolumen einschätzt.
Aber auch, wenn sich die Anwender auf andere Abläufe einstellen mussten, fällt die Bilanz aller Beteiligten nach den ersten Monaten positiv aus. Vor allem den Technikern kommt die vereinfachte Eingabe der Aufträge sehr entgegen – empfanden sie doch bisher den in ihren Augen „lästigen Verwaltungskram“ als Hindernis bei ihrer eigentlichen Arbeit. Nun müssen sie lediglich noch die Maßnahmen- und die Adressatennummer in die Auftragseingabemaske eingeben und erhalten als Ergebnis der exzellenten Vorabeinrichtung der Maßnahmenverwaltung durch die leitende Projektkollegin des Tiefbauamts automatisch in der Reservierungszeile alle sonstigen Daten, wie Sachkonto, Kostenstelle und -träger. Die Aussage „Wir sind Techniker und nicht Verwaltungsleute!“ gehört damit in Erlangen wohl der Vergangenheit an.
Immer auf dem aktuellen Stand: Die Stadt Erlangen synchronisiert die Zahlen aus Finanzbuchhaltung und Maßnahmenmodul
Produkt Maßnahmenmanagement
Bundesland Bayern
Einwohnerzahl
107.103
Doppisches Finanzwesen von Infoma newsystem mit Finanzbuchhaltung, Steuern und Abgaben, Anlagenbuchhaltung, Kosten- und Leistungsrechnung, Liegenschafts- und Gebäudemanagement Basis und Maßnahmenmanagement.